Positiv: Hochwertig in Klang und Form

Die neue Johannus Positiv 25 im Expertentest von Hans-Dieter Karras. (Orgel Heute, Fachblatt für Digitale Orgeln)

Johannus ist wohl derzeit die Firma mit der intensivsten Produktpflege auf dem Markt. Wenn man sich die schnellen Zyklen der Instrumentenserien von Vivaldi, Symphonica und Ecclesia und nun des Positivs ansieht, beeindruckt das doch sehr, auch wenn den unterschiedlichen Modellen doch ein weitgehend ähnliches Klangerzeugungssystem zu Grunde liegt.

Wie schon bei der Symphonica ist auch bei der neuen Positiv auf ein klanglich hochwertiges Abstrahlsystem Wert gelegt worden, das Spieler wie Zuhörer gleichermaßen begeistert. Also hat sich, nach den endlosen Diskussionen um die so genannte Hosenbeinbeschallung, endlich ein Umdenken dahingehend eingestellt, die immer hochwertigeren Klänge auch über adäquate Wiedergabesystemen abzustrahlen, die Spieler und Zuhörer gemeinsam zufrieden stellen.

Allerdings müssen sich jetzt auch viele Details – wie beim Auto –in optionalen Paketen extra bestellt werden. Da steigt der an sich in Ordnung gehende Grundpreis schnell in die Höhe. Zumal sich die gewünschten Objekte der Begierde meist auf verschiedene Pakete verteilen.

Nach Baunatal zur Firma Kisselbach zu fahren, sich dort an eine neue Orgel zu setzen, sie anzuspielen und wieder einmal ein richtiges Klangerlebnis erfahren zu können, das ist schon jedes Mal ein Erlebnis. Und so saß ich da an der neuen Positiv 25, war sehr inspiriert und angetan vom ersten Eindruck, aber trotzdem – alles kam mir auch irgendwie bekannt vor, vielleicht alles ein bisschen runder – aber eigentlich auch nichts wirklich Neues. Der Test war für mich besonders dadurch interessant, dass man bei Kisselbach dann mal eben nebenan eine Ecclesia und gegenüber eine Symphonica und natürlich jede Menge anderer vergleichbarer Instrumente spielen und Vergleiche ziehen kann.

Und so trog der erste Eindruck nicht, die Positiv klingt deutlich nach Symphonica. Aber auch nur, weil im Vorführinstrument das neue, optionale Soundsystem „Live Reverb“ eingebaut war. Wenn man die Positiv in der Grundversion erwirbt, klingt sie eher nach Vivaldi, und so wird sie in der Basisversion dann ja auch ausgeliefert. Die Orgel kann mit diversen Zusatzausstattungen geordert werden, eben z.B. das genannte Live Reverb-System, Fußpistons, usw. Neben den zahlreichen Einzeloptionen hat man bei Johannus, ähnlich wie bei Autoherstellern, darüber hinaus ein Paketsystem entwickelt, mit dem man auch mehrere Zusatzausstattungen zusammen mit einem gewissen Preisvorteil ordern kann.

Das Geschäftsmodell dahinter leuchtet schon ein, nur wird es im Einzelfall sicher nichtvermeidbar sein, dass man auch mal Dinge mitbestellen und bezahlen muss, die man eigentlich nicht braucht. Aber gut, dafür gibt es alle Optionen eben auch einzeln. Da muss man dann je nach Ausstattungswunsch ggf. etwas rechnen und für sich herausfinden, ob der Paketpreis im Einzelfall günstiger ist oder man lieber die gewünschten Optionen einzeln mitbestellt. Dann kann man natürlich völlig frei entscheiden, ob man z:B. die Holzkerntastaturen benötigt, aber vielleicht doch keine Fußpistons, oder ob man die Supersoli nun unbedingt braucht oder doch nicht, usw.

Das aufwändig gestaltete, an die Modelle Kabinett und Conservatoire erinnernde, Spielschrankgehäuse wurde um einen ebenso optionalen Holzkranz erweitert. Dieser ist in drei Stilen (Classique, Romantique, Baroque) zu haben und gibt dem sonst recht nüchtern wirkenden Spielschrank einen verspielteren und optisch schönen, oberen Abschluss. Diese zwischen 400 und 500 Euro liegende Aufpreis ist dann sicher gut angelegt, wenn man auch auf das optische Erscheinungsbild Wert legt.

Ansonsten gibt es ein Premium Voice Package für die 7 Supersoli, das finde ich gut, weil ich dieselben persönlich nicht benötigen würde. Auch weitere Instrumentalstimmen und Supersoli sind in einem weiteren Paket (Platinum Voice Package) zu erhalten. Dass das General Crescendo Pedal (Walze) nicht zurGrundausstattung gehört, finde ich befremdlich, da es absolut zur Grundausstattung einer eher sinfonisch orientierten Orgel gehört. Eine solche Walze ist für die Positiv-Modelle aber nur als Zusatzausstattung zu haben. In der Grundversion ist das Crescendo dagegen nur mit dem Tritt des Schwellwerkes nutzbar, was doch erheblich einschränkt, da man dann nur entweder das Schwellwerk schwellen kann oder aber das Registercrescendo nutzen kann. Übrigens: warum das Registercrescendo bei Johannus immer rechts angeordnet ist, verstehe wer will.

Es ist ergonomisch absolut ungünstig und alle mir bekannten Orgeln haben die Walze oder das Registercrescendo links neben den Schwellern. So tritt man oft versehentlich darauf, weil man da den Schweller fürs Récit erwartet. Warum Johannus diese unübliche Anordnung immer noch fortführt, ist mir absolut unverständlich.

Bespielbarkeit und Klang

Das haptische Gefühl von Tastaturen ist für mich in meinem Künstlerleben immer wichtiger geworden und führte in der Vergangenheit an schlechten und zu leicht gängigen Klaviaturen stets zu Unsauberkeiten des Spiels. Johannus hat wirklich viel dazu gelernt und präsentiert hier neue Holzkerntastaturen mit einem angenehmen Druckpunkt und eine ebensolcher Gewichtung. Wenn man dann noch vor so einem Spielschrank sitzt, stellt sich ein inspirierendes Gefühl ein, was durch die Qualität des Klanges und der Wiedergabe unterstützt wird. Man hat ein präsentes, aber nicht direktes Klanggeschehen um sich herum und kann mit einer gewissen Spannung und Kraftanwendung spielen, ohne zu ermüden und hat ständig das Gefühl an einer guten Pfeifen-Orgel zu sitzen.

Das zeigt sich insbesondere bei der Verwendung der so genannten historischen Orgel, die mich noch immer am meisten überzeugt und ein bisschen Hauptwerkfeeling erzeugt, besonders mit Nutzung einer entsprechenden Temperierung. Da fällt die Einstellung „Barock“ doch deutlich zurück, weil diese mir einfach zu scharf und „clean“ ertönt. Das hat für mich nicht so sehr mit „Barock“ als eher mit „Orgelbewegt“ oder „Neobarock“ zu tun. Wiederum sind die romantische und die sinfonische Orgel auf höherem Niveau angesiedelt und zeigen auch deutliche Unterschiede sowohl bei den Einzelregistern, wie auch bei dem Klang der Fonds, der Zungen und natürlich im Tuttiverhalten.

Der romantische Klang ist dunkler und etwas dumpfer, der sinfonische rund, aber auch brillanter und kraftvoller. Dennoch kommt das eigentlich erst richtig zur Geltung, wenn man den LIVEreverb™ dazukauft. Denn dieser Faltungshall bringt doch den letzten Kick und eigentlich erst das erwünschte klangliche Ergebnis. Zu jedem der Stile wird ein passender Raum gebotenund die Intensität kann einfach per Drehregler eingestellt werden.

Die romantische Orgel erhält dazu den Hall des Kirchraumes von St. Peter Bonn-Vilich, die sinfonische Orgel den der Kathedrale Notre Dame La Grand-Combe, die Barockorgel den der St. Salviuskerk (Neue Kirche) in Limbricht und letztlich die historische Orgel den Raum der Oude Kerk (Alte Kirche) in Amsterdam. Und es ist verblüffend, was das ausmacht. Wie vorher schon gesagt ist der Unterschied ohne diese Hallereignisse der Unterschied zwischen Vivaldi und Symphonica.

Die Symphonica ist für mich noch immer eine maßgeblich in sich stimmige und gelungene Orgel. Und so sollte man sich sehr genau überlegen, ob man auf das 995,- Euro teure Hall- Paket verzichten kann. Es macht die Positiv durchaus zur Alternative zur Symphonica, auch aus Gründen der Abmessungen und der gewünschten Ästhetik – dahingehend, ob man lieber an einem in Richtung Cavaillé-Coll gehenden freistehenden Spieltisch sitzen oder das Gefühl einer historischen mechanischen Orgel haben möchte. Zu letzterem trägt auch bei, dass man – für mich ein Novum – die manchmal bei romantischen Pfeifenorgeln benutzte Registeranordnung auch über dem Notenpult gewählt hat.

Das ist sicher der Anzahl der Register geschuldet und auch ein gewisser Hingucker. Praktisch ist es nicht unbedingt. Der „Spontan-Selbstregistrierer“ wie ich greift da schon mal schnell daneben. Aber dafür gibt es ja genügend Setzer und der Daumen wartet schon auf den nächsten Piston.

Ausstattung

Das Thema der Zusatzoptionen und der neuen Ausstattungspakete hatte ich ja weiter oben schon mal gestreift. Einerseits ist der Grundpreis des Instrumentes dadurch natürlich niedriger, aber andererseits sind gewisse Zusatzausstattungen, z.B. die Fußpistons oder auch das General Crescendo Pedal eigentlich obligatorisch. Ansonsten ist das Instrument gut ausgestattet, die Gehäuseverarbeitung ist sehr akkurat und das Aussehen auch, insbesondere mit den verschiedenen Holzkränzen als oberer Abschluss. Diese aber sind auch wieder eine Option. Den Live Reverb hätte man sich dringend in der Grundausstattung gewünscht, weil er das Instrument eigentlich erst abrundet, und schon ist ein weiterer 1000er obendrauf.

Verbessert hat sich meines Erachtens die Menüsteuerung. Zu jedem Menüpunkt steppt man sich mittels der [+] und [–] Buttons vor und zurück, mit dem [Set] Button wählt man aus. Zwölf Einträge umfasst das Basismenu: Crescendo, Datadump, Demosongs, Keyboard Config, Key Volumes, MIDI Config, ResetProcedures, Reverb Settings, Startup Settings, Temperaments, Tracker Action, Tuning, Tweeter (Hochtöner) Settings. Letztere sind uns ja seit der Vivaldi bekannt und eine wirkliche Bereicherung des Klanges, besonders für den Spieler selbst. Und so finden sich die kleinen markanten Schallaustritte der Tweeter auch am Spieltisch der Positiv und lassen sofort eine aktuelle Johannus erkennen.

Mit dem letzten Menüeintrag lässt sich eben dieser Effekt an- und ausstellen. Die anderen Menüeinträge erklären sich m.E. von selbst und sind recht übersichtlich. Im angenehm hellblau leuchtenden Display sind ständig übersichtlich zu sehen: Volume, Memory, Tune, Transposer, Temperaments (Stimmung), Crescendo, Swell Indicator. Als Temperierungen lassen sich über das Easy Menu auswählen: Wohltemperiert, Pythagorean, ¼ Mittelton, 1/5 Mittelton, 1/6 Mittelton, Werckmeister III, Neidhardt III, Kirnberger II, Kirnberger III, Vallotti, Young II und Custom (eigene Temperierung). Zur Ausstattung gehören serienmäßig die bekannten Merkmale VelocityPRO, Blasebalg Simulator, ASR-12 (Stereo 3DHall), Digitally Equalized Audio System, Physiologische Tonregelung, Ansprachen Dynamik, programmierbares General Crescendo (aber nur mit gemeinsamer Nutzung des Schwellwerktrittes – getrenntes Crescnedo ist optional), Ansprachen- Dynamik und die C-C# Teilung der virtuellen Windladen. Weiterhin gibt es – immerhin programmierbare – Presets für pp-p-mf-f-ff-Tutti und den Nullsteller, der leider immer noch viel zu träge reagiert. Dieses Zurückspringen zur letzten Registrierung wird eigentlich nicht benötigt, wichtiger wäre vielmehr das sofortige Löschen der Register.

Mir ist da schon manchmal ein Unglück passiert, was besonders z.B. bei einer Trauerfeier nicht gerade erhebend ist. Weiterhin gibt es 256 Setzer, die für meinen Geschmack zumindest bei der Positiv 35 wenigstens 512 hätten sein können, zumal Speicher ja heute nicht mehr das Thema ist. Die Sequenzschalter vor und zurück sind aber serienmäßig vorhanden, ebenso wie Chorus, Manualbass, Cantus firmus, Zungen ab und General Schweller. Die Fußpistons sind aber optional.

MIDI ist programmierbar und alle wichtigen Anschlüsse sind vorhanden, so etwa Kopfhörer und Stereo-Audio In und Out. Nur optional zu haben sind weiterhin sämtliche Instrumentalstimmen, was ich allerdings gut und nützlich finde, weil doch viele eine reine Orgel haben möchten und diese Pakete die Orgel doch deutlich verteuern würden. Zu den möglichen Stimmen gehören im Premium Voice Package die 7 Supersoli (Chimes, Flute, Panflute, Tuba, Trumpet, Oboe, Clarinet).

Im Platinum Voice Package kommen dann noch die Strings, Harp, Harpsichord, Piano I, Piano Ext. sowie die Gospel Orgeln I und II (mit Leslie Effekt) zu den Supersoli hinzu. Einen besonderen Reiz an der Positiv macht auf jeden Fall die Abstrahlanlage aus – wiederum vorausgesetzt, man erwirbt den Live Reverb hinzu. Denn dann kommt der Klang schon bei der Positiv 25 über 15 Lautsprechern (inklusive 4 Surround Lautsprecher) und die 2 sehr effizienten Hochtöner, angesteuert über 8 Verstärker und einen separaten Tieftonverstärkerwirklich sehr gut in den Raum. Der Nachhall wird dabei über ein 4.1 System abgestrahlt. Bei der nicht getesteten Positiv 35 (die dreimanualige Variante) erhöht sich die Anzahl der Lautsprecher auf 19 und die der Verstärker auf 10, auch hier zzgl. des Bassverstärkers.

Da kommt dann schon ordentlich Power aus der Orgel, und das bei einem sehr angenehmen, brillanten Klangbild. Gerade aus dieser Sicht ist mit der chronische Verzicht auf 32’-Register bei Johannus auch unverständlich. Das Audiosystem ist dazu mehr als ausreichend dimensioniert, und an Orgeln anderer Hersteller kann man diesen Effekt schon bewundern.

Der akustische 32’ hat mich grundsätzlich (auch an Pfeifenorgeln) noch nie überzeugt, und so tut es die Hohlquinte 10 2/3’ hier bei der Positiv 25 leider auch nicht. Merkwürdig ist, dass sie bei der Positiv 35 sogar fehlt. Auch merkt man, dass die Disposition des Positiv 25 pro Werk reicher und ausgeglichener ist. Das Pedal der Positiv 35 ist von 12 auf 9 Register geschrumpft und ein Clairon 4’ fehlt ihr sogar sowohl im Pedal, wie auch im Manual.

Es wäre also auch nicht auf das Pedal herunter koppelbar. Die Dispositionen von Positiv 25 und 35 unterscheiden sich deutlich voneinander, unabhängig von der um 6 Register differierenden reinen Anzahl derselben. Bei der Positiv 25 zum Beispiel hat das Hauptwerk Trompete 16’ und 8’, bei der größeren nur Trompete 8’ und Vox humana 8’, da vermisst man die Trompete 16’ sicher doch.

Man sollte sich die Dispositionen schon sehr genau anschauen und überlegen, welche Register man mehr benötigt und ob die Dreimanualigkeit wirklich nötig ist. Ich empfinde die Disposition der Positiv 25 in sich stimmiger, insbesondere weil bei der Positiv 35, die ja eher sinfonisch oder romantisch erscheint, dann doch ein paar wichtige Stimmen fehlen.

Fazit

Die Johannus Positiv 25 ist eine wirkliche schöne Digitalorgel und gleichermaßen für das Wohnzimmer und die Kirche geeignet. Die Gehäuseausführung ist absolut hochwertig und sieht einfach nur schön aus. Die Qualität der Abstrahlung ist zudem auf höchstem Niveau. Die Tastaturen sind sehr gut, auch wenn sie aus Kunststoff mit Holzkern gefertigt sind und haben eine sehr gute Gewichtung und Druckpunkt-Simulation. Der Klang der Register ist gewohnt gut und bewegt sich je nach Ausstattung ohne oder mit dem optionalen Live Reverb zwischen Vivaldi und Symphonica.

Das Lautsprecher-/Verstärkersystem ist ausgeklügelt und strahlt zu den Seiten und nach oben hin ab, wodurch ein rundum breites und natürliches Klangbild erreicht wird. Bleibt nur der kleine Wermutstropfen, dass einige m.E. wichtige Dinge nur als Zusatzoption zu haben sind. So kann der Preis für die eigene Traumorgel dann doch deutlich gegenüber der Grundversion steigen. Doch dafür bekommt man ohne Frage eine Orgel, die sich in Klang, Ausstattung und Ausführung auf sehr hohem Niveau bewegt und beim Spielen einfach nur Spaß macht!

 

Hans Dieter Karras